Zu einem schweren LKW-Unfall mit Brand ist es am 6. Mai 2003 um 16.30 Uhr auf der B 145, Pötschenpass in der Kehre 1 gekommen. Ein talwärts fahrender und mit Schotter beladener LKW mit Anhänger war aus bislang ungeklärter Ursache in der 1. Kehre auf die Gegenfahrbahn geraten und dort mit einem entgegenkommenden LKW-Zug zusammengeprallt. In der Folge gerieten beide Schwerfahrzeuge und der angrenzende Wald in Brand. Ein Insasse konnte noch aus einem Fahrzeug gerettet und mit schweren Verletzungen an den Rettungsdienst übergeben werden. Für einen Fahrer kam jedoch jede Hilfe zu spät.
Mit insgesamt rund 15 Fahrzeugen, 85 Mann und sämtlichen Tanklöschfahrzeugen nahmen die freiwilligen Feuerwehren des Gemeindegebietes Bad Goisern die Brandbekämpfung der in Vollbrand stehenden LKW´s unter anderem mit Löschschaum vor. Anschließend konnte nach Freigabe durch die anwesenden Exekutivbeamten nach und nach mit den Bergearbeiten der verunglückten Fahrzeuge begonnen werden. Dabei entdeckten die Einsatzkräfte in den Trümmern noch die menschlichen Überreste einer zweiten Person. Die B 145 war bis in die Abendstunden an der Unfallstelle gesperrt. Die FF Bad Goisern konnte erst gegen 21.30 Uhr nach Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft diesen außergewöhnlichen Einsatz beenden.
Bildquelle: FF Bad Goisern und FF St. Agatha
Fachbericht der Feuerwehren Bad Goisern und St. Agatha
Ausgangslage
Der Pötschenpass (993 m Seehöhe) stellt die Grenze zwischen den Bundesländern Oberösterreich und Steiermark dar. Die Salzkammergut Bundesstraße (B 145) ist hier gut ausgebaut und hat auf oberösterreichischer Seite zwei enge Kurven, die als Kehren bezeichnet werden. Die Kehre 1 (695 m) liegt bei der Bergfahrt nach rund einem Drittel der Fahrtstrecke und bildet auch gleichzeitig einen Aussichtspunkt auf den Hallstättersee. Die zweite Kehre liegt kurz vor der Passhöhe. In den letzten Jahren ist es immer wieder zu Unfällen auf der Passstraße gekommen. Vor allem waren darin PKW verwickelt. Im Abstand von einigen Jahren kommt es aber auch immer wieder zu Unfällen mit LKW. Eine Häufung ergibt sich hier eindeutig bei der Kehre 1. Überhöhte Geschwindigkeit bildet hier einen Hauptgrund, dass die LKW umstürzen oder gegen die Böschung prallen. Einige Lenker konnten sich hier in der Vergangenheit nur durch ein Ausspringen aus dem fahrenden LKW retten. Im Winter ziehen oft hängen gebliebenen Fahrzeuge Feuerwehreinsätze nach sich.
Situation zum Unfallszeitpunkt
Am 6. Mai herrschte im inneren Salzkammergut Schönwetter. Aufgrund der Föhnlage wurden Temperaturen von an die 30 Grad C erreicht. Die Verkehrsfrequenz war normal, es waren keine Behinderungen auf der Bundesstraße gegeben. Ein LKW, mit Schotter beladen, fährt um ca. 16.30 Uhr mit angehängtem Tieflader von der Passhöhe kommend, talwärts Richtung Bad Goisern. Vermutlich durch ein Bremsversagen wird dabei das Gespann immer schneller. Vor der nach rechts führenden Kehre 1 versucht der Lenker noch, den Kurvenradius durch eine Anfahrt über die Gegenfahrbahn zu vergrößern. Dies wurde im Nachhinein durch vorgefundene Spuren und Aussagen ermittelt. Zur gleichen Zeit fährt ein LKW Sattelzug, beladen mit einem leeren Kühlcontainer, in die Kehre ein. In der Mitte der Kehre prallt der Schotter LKW auf Höhe des Drehgestells seitlich gegen den Sattelaufleger. Durch die hohe Geschwindigkeit bohrt sich das Führerhaus regelrecht in den Aufleger hinein und wird massiv deformiert. Der Sattelzug wird von der Fahrbahn in Richtung Böschung geschoben. Der LKW kippt zur Seite, die Schotterladung stürzt von der Ladefläche. Auf Grund des heftigen Anpralls wird das Kühlaggregat des Containers zerstört. Aus dem Aggregat und den LKW’s tritt Treibstoff aus.
Unfallzeugen retten einen LKW-Fahrer
Nachfolgende Verkehrsteilnehmer alarmieren sofort Rotes Kreuz und Feuerwehr über den Notruf. Drei Unfallzeugen laufen zur nur gering beschädigten Kabine des Sattelzugfahrzeuges. Darin liegt der Lenker, ein 39 jähriger Salzburger aus Oberalm, schwer verletzt über dem Lenkrad. Durch die eingeschlagene Windschutzscheibe und die Seitenfenster gelingt es ihnen, den Lenker aus dem Fahrzeug zu retten. Während dieser Rettungsaktion entzündet sich der ausgelaufene Treibstoff explosionsartig. Dadurch werden zwei der Retter verletzt und erleiden dabei auch Rauchgasvergiftungen. Auf Grund des sich rasch ausbreitenden Brandes ist ein weiteres Vordringen zum zweiten LKW, worin sich noch der Lenker befindet, nicht mehr möglich.
Umfangreiche Löscharbeiten beginnen
Über die Landeswarnzentrale Linz wurde in der Zwischenzeit (16.32 Uhr) Alarmstufe 1 für den Pflichtbereich Bad Goisern ausgelöst. Zwei sich zu diesem Zeitpunkt in der Zeugstätte St. Agatha befindliche Feuerwehrmitglieder fahren mit dem MTF sofort zur angegebenen ca. drei Kilometer entfernten Unfallstelle. Auf Grund der vorgefundenen Lage wird sofort das Ausrücken aller Feuerwehren des Pflichtbereiches veranlasst. Ein Problem stellt vor allem die Versorgung mit Löschwasser dar, da erst in einer Entfernung von ca. einem Kilometer eine Wasserentnahme aus einem Bach möglich ist. Somit ist vor allem der Einsatz aller Tanklöschfahrzeuge von großer Wichtigkeit. Vom kurz darauf eintreffenden Tanklöschfahrzeug (TLF-A 2000) der FF St. Agatha wird mittels zweier HD-Rohre versucht, die weitere Brandausbreitung zu verhindern. Die Besatzung des zweiten eintreffenden Tanklöschfahrzeuges (SLF-A 4000) Bad Goisern setzt neben Hochdruck auch Mittelschaum über eine Schnellangriffseinrichtung zur Brandbekämpfung ein. Durch die fortgeschrittene Brandausbreitung sind Teile des Leichtmetallcontainers in der Zwischenzeit bereits geschmolzen. Die Fahrzeugkabine des Schotter-LKW’s sowie die Kabine der Sattelzugmaschine stehen zur Gänze in Brand. Durch die große Hitze und die sich bildenden Verbrennungsgase wird von allen Angrifftrupps schwerer Atemschutz eingesetzt. Der Brand hat sich in der Zwischenzeit auf die Fahrbahnböschung und nahe Bäume ausgebreitet. Der weitere Löschangriff wird durch die sukzessiv eintreffenden Tanklöschfahrzeuge (Bad Goisern: RLF-A 2000, TLF-A 1200; Lasern: TLF-A 2000) unterstützt. Durch das GTLF 10.000 der FF Bad Goisern werden in der Folge die eingesetzten TLF’s gespeist, sodass letztendlich rund 20.000 Liter Löschwasser zur Brandbekämpfung verbraucht werden.
Während sich die Feuerwehrkräfte auf das Löschen der brennenden Fahrzeuge und der Böschung konzentrieren, wird vom Roten Kreuz, dem Notarzt sowie zwei praktischen Ärzten mit der Versorgung der Verletzten begonnen. Sowohl der schwerverletzte Lenker des Sattelzuges als auch die beiden verletzten Retter werden nach erster Versorgung, in das LKH Bad Ischl eingeliefert. Einer der beiden verletzten Retter kann nach ambulanter Behandlung wieder entlassen werden.
Der Unfall bringt auch eine umfangreiche Straßensperre während der Arbeiten der Einsatzkräfte mit sich. Für PKW’s gibt es eine Umleitung über Obertraun und den Koppenpass, während für LKW’s nur ein Abwarten der Sperre übrig bleibt. Dementsprechende Informationen wurden auch an alle betroffenen Radiosender weiter geleitet. Zusätzlich zu den Umleitungen wird von Feuerwehrmitgliedern die Unfallstelle großräumig abgesperrt, um einen Unfalltourismus zu verhindern.
In der Zwischenzeit gelingt es den Feuerwehrkräften den Brand unter Kontrolle zu bringen (16.50 Uhr) bzw. gänzlich zu löschen (16.55 Uhr). Die Feuerwehren können nunmehr mit ersten Bergearbeiten beginnen, im Wissen, dass sich noch einer der Lenker im ausgebrannten Führerhaus befindet. Es wird Ölbindemittel auf der Fahrbahn aufgebracht und ein weiteres Ausfließen von Treibstoffen verhindert. Während dieser Arbeiten trifft eine für alle Einsatzkräfte erschreckende Meldung eines Mitgliedes der FF Bad Aussee ein. Demnach hat ein weiterer LKW Fahrer den verunfallten Schotter LKW am Pötschenpass gesehen und dabei auch ein Kind im Führerhaus festgestellt. Somit werden die bei der Bergung eingesetzten Kräfte auf ein weiteres Todesopfer vorbereitet.
Belastende Bergearbeiten für die Feuerwehr
Der Schotter-LKW kann erst unter Einsatz von Seilwinden aufgerichtet und vom Sattel-LKW weggezogen werden. Dadurch wird der Zugang zur Fahrerkabine möglich. Dabei wird die bis zur Unkenntlichkeit verbrannte Leiche des Lenkers (22) gefunden. Während der weiteren Bergearbeiten wird auch die Leiche des Kindes gefunden. Wie die weiteren Ermittlungen der Gendarmerie ergeben, handelt es sich dabei um den 11 jährigen Bruder des Lenkers. Beide stammen aus Frankenburg/OÖ. Auf Grund der Deformationen der Fahrerkabine, dürften beide Personen schon durch den Anprall ums Leben gekommen sein.
Da die Möglichkeiten der Feuerwehr für die Bergung des verunfallten Sattelzuges nicht ausreichen, trifft auch eine Spezialfirma aus Salzburg mit Kranfahrzeug, Bergefahrzeug und Tieflader am Unfallort ein. Unter gemeinsamen Anstrengungen gelingt es, die Fahrzeuge von der Fahrbahn zu bergen und auf einen nahen Parkplatz zu bringen. Auf Grund der in der Zwischenzeit eingesetzten Dämmerung, wird dabei die Ausleuchtung der Unfallstelle durch die Feuerwehren notwendig. Durch Mitarbeiter der Straßenmeisterei Bad Ischl wird im Anschluss die Fahrbahn weiter gereinigt. Nach weiteren Absicherungsarbeiten kann um ca. 22.30 Uhr die Straße wieder für den Verkehr freigegeben werden.
Eingesetzte Kräfte
- FF St. Agatha: TLF, LFB-A2, MTF, LAST, 24 Mann
- FF Bad Goisern: RLF, SLF, TLF, GTLF, RÜST, LAST mit Kran, ELF, 25 Mann
- FF Ramsau: KLF, 5 Mann
- FF Lasern: TLF, KLF, 9 Mann
- FF Weißenbach: KLFA, 9 Mann
- Abschnittsfeuerwehrkdt.
- 1 MannRotes Kreuz/Ärzte: 3 SEW, 1 NEF, 3 Ärzte, 9 Sanitäter
- Gendarmerie Bad Goisern und Bad Aussee
- Straßenmeisterei Bad Ischl
Chronologie
- 16.32 Alarm von Florian LFK
- 16.34 erstes Fahrzeug rückt aus (MTF)
- 16.50 Brand unter Kontrolle
- 16.55 Brand aus
- 22.35 Straße wieder frei
Verfasser: Rundhammer Klaus, AW, FF St. Agatha – Hippesroither Andreas, AW, FF Bad Goisern